Klangdynamik im verdoppelten Wohnzimmer
Startseite // Klangdynamik im verdoppelten WohnzimmerFurioser Auftakt der Konzertsaison der Brahmsgesellschaft
Mit einem furiosen Auftritt beeindruckte ein junges Kammermusik-Duo zum zweiten Mal sein hiesiges Publikum zum Auftakt der Konzertreihe der Brahms-Gesellschaft.
Document made with KompoZerDie Violinistin Andrea Kim und der Pianist Florin von Radowitz waren seit einem Auftritt in der Postelvilla in guter Erinnerung. Beim jetzigen „Konzert im Wohnzimmer“ der Brahms-Gesellschaft spielte das Duo Werke von Grieg, Brahms und Schostakowitsch. Der Raum im Brahmshaus wirkte bei den ersten Akkorden der Grieg-Sonate Nr. 3 fast zu klein für das kraftvolle Klavierspiel, doch dann entwickelte sich im Zusammenspiel der beiden Musiker ein Klanggewebe, das weniger laut als vielmehr sehr intensiv wirkte. So dicht am Publikum spielen selbst Kammermusiker selten. So konnten es sich die Beiden leisten, zwischen den kräftigsten und den leisesten Tönen eine Klangdynamik zu entwickeln, in der selbst der leise und flüchtig angerissene Geigenton noch deutlich vernehmbar war.
Andrea Kim und Florian von Radowitz fanden 2006 bei den Vorbereitungen zum Deutschen Musikwettbewerb 2007 zusammen, in dem das Duo prompt ein Stipendium gewann. Als Solisten wie als Ensemble-Musiker verfolgen beide seitdem beachtliche Karrieren. Das musikalische Spektrum reicht vom Barock bis in die Moderne und schließt zum Beispiel bei Andrea Kim auch den Tango Nuevo eines Astor Piazzolla ein. Diese Weite und Vielseitigkeit spiegelte sich in der Programmauswahl des Heider 70-Minuten-Konzerts wider. Das Scharnier zwischen zwei sehr gegensätzlichen Sonaten der Zeitgenossen Bach und Grieg aus dem Jahr 1886 bildeten vier kurze Préludes des Sowjetrussen Schostakowitsch vom Anfang der 1930er-Jahre. Nach den letzten Klängen gab es kräftigen Applaus, aber keine Zugabe. Man wüsste nicht, was man nach den starken Eindrücken der „Thuner Sonate“ noch Angemessenes hinzufügen könne, meinte von Radowitz und traf damit auf ein verständnisvolles Publikum.
Vor dem Konzert hatte Professor Eckart Besch mit Stolz auf das wundersam verdoppelte „Wohnzimmer“des Brahmshauses hingewiesen. Denn auf der Rückseite des Raumes, hinter den Musikern, prangt die neue LED-Tapete.
1600 Leuchtdioden geben wandhoch den Blick in das originale Wiener Wohnzimmer von Johannes Brahms frei, so wie es ein zeitgenössischer Maler um 1895 nach einer Fotografie verewigt hatte. Was aus Kostengründen für die meisten privaten Wohnzimmer noch Zukunftsmusik ist, konnte sich auch die Brahms-Gesellschaft nur Dank großzügiger Sponsorenunterstützung leisten. (Text/Foto: Werner Hajek)