Musikalischer Gruß aus Leipzig

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Wenn fünf Freunde zechen und singen

Die A-Capella-Formation „Ensemble Nobiles“ eröffnet die winterliche Konzertreihe der Brahms-Gesellschaft auf der Museumsinsel Lüttenheid und lässt dort die Tradition der Leipziger Liedertafel wieder aufleben.

Document made with KompoZerAnfang des 19. Jahrhunderts versammelten sich Männer, verbunden durch die begeisterte Liebe zu gutem Essen, vorzüglichen Weinen und dem gemeinsamen Gesang, zu geselligen Runden, den so genannten Liedertafeln. Diese Zusammenkünfte begründeten die Tradition der Männerchöre – zuvor gab es nur Kirchenchöre wie den Leipziger Thomanerchor, aus dem auch die Mitglieder des „Ensemble Nobiles“ hervorgegangen sind: die Tenöre Paul Heller und Christian Pohlers, Bariton Felix Hübner und die Bässe Lukas Lomtscher und Lucas Heller. Bereits als Sängerknaben im Matrosenanzug waren sie im Jahr 2002 zur Brahms-Preisverleihung an den Thomanerchor Gast der Brahms-Gesellschaft im Meldorfer Dom. Nun eröffneten die fünf sympathischen Sänger als gestandene Musiker im schwarzen Anzug mit einem Potpourri von Liedern, wie sie auch in Auerbachs Keller erklungen haben könnten, die winterliche Konzertreihe auf der Museumsinsel Lüttenheid und verzauberten das Publikum mit höchster stimmlicher Präzision, mit Witz, Temperament und Spaß vom ersten Ton an. Natur und Landschaft, Liebe und Leidenschaft waren Themen der Lieder, die das 2006 gegründete Ensemble darbot. Darunter „Der frohe Wandersmann“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, der „Sommermorgen“ des Thomaskantors Moritz Hauptmann, „Ich ging durch einen grasgrünen Wald“ in der Bearbeitung von Max Reger oder „Im schönsten Wiesengrunde“ von Fritz Weiße, bei dem das Publikum mitsingen durfte. Auch in den Stücken von Schumann, Veit und Grieg offenbarte jeder der fünf Stimmakrobaten Soloqualitäten und verwies all jene in die Schranken, die behaupten, dass ein Männerchor nur „laut und grölend“ klingen kann. In der Vertonung von Heinrich Heines „Ich halte ihr die Augen zu“ gab’s auch mal eine sächsische Zeile zur Kostprobe – nur einer von vielen Beweisen, dass die Musikstudenten neben ihrer beeindruckenden Gesangsqualität auch eine feine Form der Selbstironie besitzen. Ganz in der Tradition der musikalischen Romantik stehen auch die Gegenwartskompositionen des thüringischen Dirigenten, Komponisten und Hochschuldozenten Fredo Jung. Seine bildhaften Vertonungen dreier Wilhelm Busch Gedichte verfehlten durch die gelungene Interpretation des Ensemble Nobiles seine Wirkung nicht und machten sowohl dem Publikum als auch den Interpreten sichtlich viel Spaß. Passend zum Ende verabschiedeten sich das A-Capella-Quintett mit „Lebewohl“ von Friedrich Silcher und einer erklatschten Zugabe von Brahms‘ „In stiller Nacht“ als Gruß an den Genius Loci, bevor sie am CD-Stand dem begeisterten Publikum noch für Lob, Fragen und Autogramme zur Verfügung standen. Eckart Besch, langjähriger Vorsitzender der Brahms-Gesellschaft und selbst ehemaliger Thomaner, brachte es auf den Punkt: „Wie viel Arbeit und Üben hinter der nötigen Stimmtechnik steckt, ahnt das Publikum selten, aber der Klang ist einfach perfekt, und das hört jeder.“ (Text/Foto: Andreas Guballa)