Musik für junge Ohren

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Musikpädagogin Christina Dean will Musik mit allen Sinnen begreifbar machen

Christina Dean. Foto Marcus KrügerEinen musikalisch bewegten Nachmittag für Kinder ab drei Jahren und deren (Groß)Eltern erwartet die Besucher der Familienkonzerte der Brahms-Gesellschaft am Sonntag im Brahmshaus. „Wir wollen Kindern auf diese Weise die Möglichkeit geben, klassische Musik spielerisch kennen zu lernen“, so Vorsitzender Joachim Nerger, der die Musikpädagogin Christina Dean vom NDR nach Heide eingeladen hat. Christina Dean verschreibt sich mit ihrer ganzen Persönlichkeit und vielen neuen Ideen der Musik-Vermittlung an die Jüngsten unserer Gesellschaft. Mit unterschiedlichsten Mitteln gelingt es ihr, die Kleinen für die klassische Musik zu begeistern und neue Horizonte zu öffnen. Zusammen mit dem Cellisten Sven Forsberg und dem Pianisten Christof Hahn wird sie ihre jungen Besucher im Brahmshaus mit Beethovens Papageno-Variationen vertraut machen und weitere musikalische Überraschungen bereithalten.
Andreas Guballa hat mit ihr gesprochen.

Foto: Marcus Krüger

Wie schaffen Sie es immer wieder, den Nachwuchs für klassische Musik zu begeistern?

Wir geben unsere Liebe zu der Musik an die Kinder weiter und spielen mit ihr. Durch das Hören erobern die Kinder die Musik und machen Aktionen dazu, Wenn ich so ein Projekt vorbereite, versuche ich mich daran zu erinnern, wie es war, als ich ein Kind war und Musik gehört habe. Und obwohl man die Stücke so wahnsinnig gut kennt, lernt man sie immer wieder neu kennen und verliebt sich in sie. Die Essenz einer Komposition benennen wir dann, so dass die Kinder sie nachvollziehen können.

Was setzen Sie der Auffassung vieler Erwachsener entgegen, Kinder könnten nicht lange still sitzen und zuhören?

Zuhören muss man lernen. Man kann nicht einfach sagen: nun setz‘ dich doch mal hin und hör‘ Musik. Dann ist man steif und die Musik dringt nicht ein. Was ich versuche, ist, eine Atmosphäre zu schaffen, in der man sich wohl fühlt. Deshalb muss in den ersten drei Minuten auch gelacht werden, damit die Kinder in die Musik hineingehen können. Es gibt keine Trennung – da vorne ist die Musik und hier bin ich. Wir übersetzen die Bewegung, die in der Musik vorhanden ist, in Spielszenen oder kleine Choreografien.

Haben Sie ein Botschaft?

Unser Ziel ist es nicht, dass plötzlich mehr junge Leute ins Konzert gehen. Was wir erreichen wollen, ist, dass Musik zu einem Bestandteil des normalen Lebens wird und man sie aktiv wiedergeben kann. So wie man Literatur erobert, wünschen wir uns, dass die Heranwachsenden auch ein musikalisches Repertoire kennenlernen. Dann geht man später auch ganz selbstverständlich ins Konzert, weil man mit der Musik vertraut ist. Ein Musikstück zu lernen ist wie sich eine Stadt zu erobern. Wenn ich zum ersten Mal in London bin, schnuppere ich am ersten Tag nur Atmosphäre. Dann nehme ich den Stadtplan und sehe mir Sehenswürdigkeiten an und bekomme eine Struktur der Stadt in meinem Kopf. Am dritten Tag habe ich vielleicht schon einige Lieblingsstellen und dann weiß ich ganz genau, wohin ich gehen möchte. Jeder kann sich so einen eigenen Zugang schaffen und entscheiden wie er sich die Stadt respektive die Musik erobert.

Fehlen heutzutage die elterlichen Vorbilder?

Ganz viele Erwachsene sagen, wenn sie so an Musik herangeführt worden wären wie ihre Kinder, dann würden sie auch häufiger ins Konzert gehen. Daher erreichen wir bei diesen Familienkonzerten mindestens zwei, wenn nicht sogar drei Generationen, weil die Großeltern meistens auch mit dabei sind. So gewinnen wir die Menschen altersübergreifend, denn Musik kennt ja keine Altersgrenzen. Nur die Erfahrungen mit ihr sind anders.

Tut die Schule zu wenig für die Musikvermittlung Heranwachsender?

Ich glaube das Problem ist, dass die Verantwortlichen immer meinen, Musik sei ein Luxus. Nach dem Motto: wenn ich es mir gut gehen lassen will, esse ich ein Stück Käsekuchen und höre ein bisschen Vivaldi. Aber Musik ist kein Käsekuchen, sondern eine Kunst. Und wenn ich mich mit Kunst beschäftige, lerne ich auch die Welt kennen. Man lernt kreatives, variables und organisches Denken, während man in der Schule eher linear lernt. Daher finde ich es problematisch, wenn künstlerische Unterrichtsfächer immer häufiger wegfallen.

Was erwartet die Besucher beim Familienkonzert?

Wir betten die Musik in eine Geschichte ein. Zuerst ist von Mendelssohns „Lied ohne Worte“ der Text verloren gegangen und die Kinder müssen einen neuen Text erfinden. Und dann kommt Beethoven, der traurig ist, weil er so gerne Mozart kennengelernt hätte. Deswegen nimmt er sich die Melodie „Ein Mädchen oder Weibchen“ als Thema und spielt damit – mal tänzerisch-launig, mal tief betrübt. Zu den Motiven, die unser Cellist Sven Forsberg und unser Pianist Christof Hahn spielen, erfinden wir wieder kleine Spielaktionen. Der Saal ist also aktiv gefordert dabei zu sein, mitzusingen und aufmerksam zuzuhören.

Was sind die Herausforderungen?

Die Instrumentalisten müssen nicht nur musizieren, sondern die ganze Zeit auch wachsam sein, für das, was die Kinder tun. Da kann es schon mal passieren, dass ein Kindern unters Klavier krabbelt. Teilweise müssen sie auch mitspielen. Sie sind also nicht nur als Musiker gefragt, sondern auch als Menschen, die den Kindern begegnen. Ich als Moderatorin muss den Saal so vorbereiten, dass die Besucher sich wohl fühlen, gern mit uns spielen und sich auf die Musik einlassen. Uns macht das jedes Mal riesengroßen Spaß.

Sonntag, 17. Mai 2015
15 Uhr (ausverkauft)
17 Uhr
Dauer: zirka 50 Minuten
Brahms-Haus, Lüttenheid 34
Karten: 5 Euro