Kammermusikalische Sternstunden

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Trio Adorno beendet Winterkonzert-Saison

Mit jugendlicher Frische und großer Spielfreudigkeit begeisterten Violinist Christoph Callies, Cellist Samuel Selle und Pianist Lion Hinnrichs am Sonntag die Liebhaber feinster Kammermusik beim letzten Konzert der winterlichen Museumskonzerte der Brahms-Gesellschaft.

Trio AdornoDas in Hamburg beheimatete junge Trio Adorno trägt zwar den Namen des ebenso berühmten wie umstrittenen Philosophen und Musiktheoretikers, ließ aber in seinem lebendig gestalteten Konzert schnell alle Theorie vergessen. 2003 im Rahmen des Wettbewerbs „Jugend musiziert” gegründet und vielfach mit Preisen und Sonderpreisen ausgezeichnet hatten die drei Musikstudenten ein Programm zusammengestellt, das an jeden einzelnen außerordentliche Anforderungen stellt.
Den Anfang machte das vordergründig überschwängliche, von Untiefen durchsetzte Klaviertrio B-Dur (KV 502) von Mozart, das die jungen Instrumentalisten mit viel Verve und überschäumender Spielfreude zu Gehör brachten. Der Dialog von Klavier und Streichern erinnert an ein reifes Klavierkonzert und besticht durch die Balance zwischen Solistengeste und kammermusikalischer Feinarbeit. Mit Eleganz, Ausdrucksfülle und Beseeltheit stellten die Stipendiaten des „Deutschen Musikwettbewerbs 2013“ ihre Virtuosität unter Beweis und bescherten dem begeisterten Publikum auf der ausverkauften Museumsinsel Lüttenheid die erste musikalische Sternstunde.

In eine ganz andere musikalische Welt entführten die drei Musiker bei P?teris Vasks’ achtsätzigen „Episodi e Canto perpetuo“, die der lettische Komponist 1985 als Hommage an Olivier Messiaen geschrieben hat. Ein über die Sätze hinweg angelegter, auf Dynamik, Klanggebung und Stilistik bezogener Spannungsbogen bestimmt das Stück. Sensibel arbeiteten die Musiker die Klangvielfalt heraus, vom fast meditativen Piano im 1. Satz (Crescendo), über ätherische Klänge (Misterioso) zu hochexpressiven Momenten mit fast jazzigen Anklängen. Nicht zuletzt durch das Abdecken von Saiten des Flügels und das Einbeziehen perkussiver Elemente am Cello schöpft Vasks hier einen großen Klangreichtum aus – ein düsteres, aufwühlendes Stück Musik, das von Enttäuschung, Liebesleid und Trauer über unsere bedrohte Welt singt. Wo immer seine Musik gespielt wird, stellt sich ein vergleichbares Phänomen ein: Sein Werk wird als Höhepunkt des Abends empfunden, für viele überraschend, die kaum positive Erwartungen gegenüber Musik aus unserer Zeit haben. Insbesondere wenn es so kraftvoll und intensiv wie vom Trio Adorno interpretiert wird. Unbestechlich auch die Homogenität ihres Spiels in Brahms Klaviertrio Nr. 2 C-Dur op. 87. Das vielschichtige Werk strotzt nur so von Kraft, Erfindungsreichtum und Charakter. Und genau so spielten auch die Mittzwanziger: mit verschwenderischer Klangfülle, zugleich stets das Ganze im Blick. Mühelos wechseln die Musiker zwischen großer Innigkeit und Expressivität, perlenden Läufen und zupackenden Akkordfolgen. Das Publikum zeigte sich begeistert und ließ die Musiker nicht ohne Zugabe gehen. Auch im Allegro von Mozarts Klaviertrio d-Moll KV 442, dessen Fragmente nach Mozarts Tod von einem Schüler wesentlich ergänzt wurden, bewies das Trio, dass noch viel von ihm in der Kammermusikwelt zu erwarten ist. (Text/Foto: Andreas Guballa)