Jugendliche Frische und Leidenschaft

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Kontrastreicher Saisonstart der Museumskonzerte

Besser hätte der Auftakt der Winterkonzertsaison nicht gelingen können. Die Brahms-Gesellschaft präsentierte am Sonntag auf der Museumsinsel Lüttenheid mit der Violinistin Friederike Jahn und dem Pianisten Asen Tanchev ein Duo, das jugendliche Frische und Leidenschaft mit Virtuosität und Spielfreunde paarte. In ihrem ausverkauften Konzert präsentierten sie ein kontrastreiches Programm, das die Hörgewohnheiten des Publikums herausforderte.

Duo Tanchev-Jahn Die 25jährige Dresdnerin Friederike Jahn und der 22jährige gebürtige Bulgare Asen Tanchev lernten sich 2010 bei einem Kammermusikfestival in den Niederlanden kennen und konzertieren seit drei Jahren als festes Duo regelmäßig im In- und Ausland. In den Jahren ihres Zusammenspiels haben sie eine bis ins kleinste Detail aufeinander abgestimmte Musizierweise entwickelt, die ihrem Konzert auf der ausverkauften Museumsinsel Lüttenheid sehr entgegenkam. Schon in Ludwig van Beethovens „Sonate Es-Dur op. 12 Nr. 3“ agierten beide Interpreten äußerst synchron. Jugendliche Frische im Eingangssatz, Eleganz und Grazie im bekannten Adagio und eine ungehinderte Musizierfreude im schnellen Rondo entsprachen ganz dem Inhalt des reinen Notentextes. Jeder ließ dem anderen seinen interpretatorischen Freiraum, um gemeinsam einen engen, musikalischen Klavier-Violinen-Dialog zu entwickeln. Deutlich arbeiteten die Musiker die kantablen Seitenthemen heraus und steigerten sich zu einem virtuosen Schlagabtausch in rasenden Läufen und galanter Ausführung.

Wie perfekt aufeinander abgestimmt die beiden Master-Studenten an der Musikhochschule Hannover sind, zeigte sich auch bei der dramatischen „Sonate f-Moll op. 80 Nr. 1“ von Sergej Prokofjew, die unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges in den Jahren 1938 bis 1946 entstanden ist und immer wieder bearbeitet wurde. Mit gewagter Harmonik und Dissonanzen bringt Prokofjew seine Hörer bis an die äußersten Grenzen der Tonalität. Souverän und in perfektem Zusammenspiel brachten die beiden jungen Künstler die Musik voller bohrender Rhythmen und wilder Motorik zum Leben und vermittelten ihren Zuhörern den Eindruck brutaler kriegerischer Zusammenstöße. In dem vom Komponisten selbst mit „Wie über einen Kirchhof streichender Wind“ betitelten Stück schuf das Duo durch die Intensität und Leidenschaft ein dramatisches, musikalisches Bild des eisigen Frösteln Prokofjews, das die Hörgewohnheiten des Publikums herausforderte.

Für den zweiten Konzertteil hatten die beiden Musiker die „Sonate A-Dur op. 13 Nr. 1” von Gabriel Fauré gewählt, ein Stück voll von emotionalen Klangfarben, erfüllt mit Poesie und Wärme. Der Komponist spickt die Ecksätze mit anspruchsvollen geigerischen Delikatessen, hält das Klavier als quasi orchestrale Begleitung in steter Bewegung. Im Andante schwingt sich die Violine aus düsterem Moll chromatisch aufsteigend in schwindelerregende Höhen, während das Scherzo beiden Interpreten enorme technische Fähigkeiten abverlangt. Das Finale fordert nochmals romantische Höhenflüge, was Friederike Jahn und Asen Tanchev mühelos und mit großer Spielfreude bewältigten. Das begeisterte Publikum war sich einig: so ein inniges miteinander Musizieren wie bei diesem jungen Duo erlebt man nur selten.
(Foto/Text Andreas Guballa)