Ein Abend musikalischer Gegensätze

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Die Sängerin Neele Kramer, der Cellist Jonas Palm und der Pianist Philipp Heiß boten beim Adventskonzert der Brahms-Gesellschaft ein kontrastreiches Programm zwischen Romantik und Avantgarde.

Jonas Palm, Neele Kramer und Philipp Heiß (v.l.)Normalerweise ist das deutsche Kunstlied ein Sorgenkind für Konzertveranstalter. Für die Lieder der Romantik ist es oft schwer, ein größeres Publikum zu gewinnen – zumindest wenn kein bekannter Star auf dem Programm steht. Immerhin gehört das Genre zur anspruchsvollsten Gattung der Musikliteratur. Und so ist es der Brahms-Gesellschaft Schleswig-Holstein wieder einmal hoch anzurechnen, beim diesjährigen Adventskonzert dem begabten Nachwuchs eine Chancen zu bieten. Die Sängerin Neele Kramer, der Cellist Jonas Palm und der Pianist Philipp Heiß wurden im Frühjahr von der strengen Jury des Deutschen Musikrates zum Trio auserkoren und gastieren seit dem Sommer mit einem kontrastreichen Programm in ganz Deutschland, das die innigen Lieder von Schumann und Brahms mit Märchenvertonungen von Janacek, avantgardistischen Stimmgemälden von Frank und den Cabaret Songs von Britten zusammenbringt. Auf der gut besuchten Museumsinsel Lüttenheid fanden die drei jungen Künstler dafür ein aufmerksames Publikum. Der erste Konzertteil widmete sich ganz der Blütezeit des Kunstliedes, dem 19. Jahrhundert. Mit ihrem hellen, klaren Mezzosopran ist Neele Kramer die ideale Besetzung für den Liedgesang. Sowohl in der substanzvollen Balance mit Klavier und Cello in den „zwei Gesängen op. 91“ von Brahms als auch im Duo mit Philipp Heiß in einer Auswahl von Liedern aus Schumanns „Myrthen op. 25“ gelang es der Sopranistin mit ihren beiden Partnern, den subtilen Wechsel zwischen drängender Dramatik und selig-romantischer Melodik herauszuarbeiten. Auch die eingängigen und melodiösen Kostbarkeiten in Schumanns „fünf Stücken im Volkston op. 102 für Cello und Klavier“ erklangen in aller Klarheit und Prägnanz. Das Duospiel von Jonas Palm und Philipp Heiß vermittelte enorme Sicherheit und Vertrautheit im musikalischen Austausch und in der künstlerischen Dynamik.

Nach der Pause widmeten sich Palm und Heiß einer Komposition von Leos Janacek: „Pohádka“ (Märchen), eine musikalische Erzählung im Stile Tschaikowskys, in der beide Solisten sowohl die romantischen Passagen als auch die leidenschaftlichen Sätze mit ausgeprägter dynamischer Differenzierung interpretierten. Einen faszinierenden Einblick in die zeitgenössische Musik gelang dem Trio anschließend mit dem Auftragswerk „Art Brut VI“, einer Rekursion über Schuberts „An den Mond“ des 27jährigen Nürnberger Komponisten Andreas Eduardo Frank: ein farbenreicher Bilderbogen mit hier flirrenden, dort tänzelnden Figuren der kurz anklingenden Cellostimme und ungewöhnlichen Verschränkungen mit gezupften Klaviersaiten, während der Text zum Teil in ein Megafon gesungen wurde.

Mit Brittens reizvoll neckenden „Cabaret Songs“ über die Spielarten der Liebe und Previns gospelartigen „Songs für Gesang, Cello und Klavier“ beendete das Trio den Ausflug in die avantgardistische Musik und ihren eindrucksvollen Abend der musikalischen Gegensätze. (Text/Foto: Andreas Guballa)