Zwei schlagkräftige Brüder

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Spitzenduo Gerassimez zu Gast bei den Brahms-Wochen in Marne

Spitzenduo Gerassimez zu Gast bei den Brahms-Wochen in Marne

Marne – Ein ungewöhnlicher Anblick bot sich den rund 200 Besuchern des zweiten Konzerts der Brahms-Wochen 2011 in der Maria-Magdalenenkirche in Marne. Im Altarraum waren neben einem Flügel ein Drum Set, eine Marimba, ein Vibraphon und allerlei anderes Schlagwerk aufgebaut. Doch wer von diesem Konzert für Percussion und Klavier befürchtete hatte, von Rhythmen überwältigt zu werden, wurde angenehm überrascht: Tonalität, Klang und konzertante Strukturen spielen bei den Brüdern Alexej und Nicolai Gerassimez eine durchaus gleichgewichtige Rolle. Mit ihrer hohen Virtuosität, für ihr Alter (23 und 25 Jahre) ungewöhnlichen Meisterschaft und der charmanten Bühnenpräsenz bescherten sie den Zuhörern einen außergewöhnlichen, kurzweiligen Konzert-Abend. Mit dem im Ruhrpott aufgewachsenen Brüderpaar hatte die Brahms-Gesellschaft wieder ein unvergleichbares Gespür für zwei junge Stars bewiesen, die am Beginn einer großen internationalen Karriere stehen. Unzählige Preise und Auszeichnungen begleiten die beiden jungen Musiker bereits auf ihrem Weg.

Zum Öffnen der Ohren stellten die Künstler Rimski-Korsakows „Hummelflug“ an den Beginn des Konzertabends. In jeder Hand zwei Schlagklöppel haltend, spielte Alexej Gerassimez das Instrument mit einer Hingabe, die das Publikum von Anfang an begeisterte. Im Stück „Famim2“ für Vibraphon, Marimba und Klavier hat Komponist Emmanuel Séjourné in Erinnerung an Chick Corea auf einen Reichtum an Formen und Farben in der Musik zurückgegriffen. Der 23jährige Schlagzeuger Alexej Gerassimez bestach durch eine technisch perfekte, virtuose Schlegeltechnik, mit der er schillernde Akkorde, rasante Läufe und lange Töne aus den Instrumenten holte. Sein zwei Jahre älterer Bruder Nicolai am Klavier hat es schwerer. Er steht gegen die Urgewalt des sinfonischen Schlagwerks etwas im Hintergrund. Doch auch sein Solospiel wirkte subtil, mit viel Seelentiefe und so rhythmisch genau wie das des Bruders am Schlagwerk, etwa bei vier kurzen Präludien von Shostakovich oder dem Solo „Paganini Jazz“ von Fazil Say. Die Schlagkräftigkeit von Alexej konnte nicht überzeugender als durch die eigene Komposition „Asventuras“ für Snare Drum bestätigt werden. Schier unglaublich verwob er die Rhythmen, entlockte dem kleinen Instrument alle nur erdenklichen Töne und Klänge. In Tobias Broströms „Arena“ setzte er zusätzlich das gesamte sinfonische Schlagwerk zu verwirrender Rhythmik ein. In Anbetracht der Virtuosität des Variationswerkes „Paganini Personal“ von Toshi Ichiyanagi, das auf der Grundlage einer Capricce für Violine in der Musikgeschichte von Brahms bis Lutóslawski vielfach Verwendung findet, sowie des diffizil-sinnlichen Maracas-Solo von Javier Alvarez konnte kein Besucher mehr Zweifel hegen, an diesem Abend etwas ganz Außergewöhnliches erlebt zu haben. Mit Richard Michaels „Jazzsuite“, deren ersten Satz man bei youtube von dem Duo nachhören kann, endete ein grandioser Abend.