Fest der Tasten und Töne

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Sommer-Klaviernacht bietet Kunstgenuss auf höchstem Niveau

Was für ein Fest der Tasten und der Töne! Dort wo sonst Luxuswagen auf Käufer warten, herrschte festliche Stimmung und gespannte Erwartung bei den 250 Besuchern der Sommer-Klaviernacht der Brahms-Gesellschaft Schleswig-Holstein im Glaspavillion von Nord-Ostsee-Automobile Heide. Zu Recht versprach der Vorsitzende, Professor Eckart Besch, einen Kunst-Genuss der Sonderklasse. In drei Konzertabschnitten boten vier Klavierkünstler ein abwechslungsreiches Programm klassischer und moderner Stücke und zogen das Publikum in ihren Bann. Für sinnlich-kulinarische Genüsse in den Pausen sorgte das Catering Team der „Erheiterung Böhe“. „Eine Bereicherung des Heider Kulturlebens,“ war sich Regina Cornelius am Ende des Abends mit allen Anwesenden einig.
Blitzsauber, artikuliert mit einer glasklaren musikalischen Intelligenz ging Miao Hung gleich mit einer selten gespielten Rarität an den Start des Konzertmarathons, der Busoni-Bearbeitung von Bachs „d-Moll-Chaconne“. Die frisch gebackene Gewinnerin des Deutschen Musikwettbewerbs verzauberte das Publikum mit ihrem Gespür für die Architektur dieser Komposition. Johannes Brahms Klavierstücke op. 119 ging die junge, zierliche Deutsch-Chinesin dann mit einer Unaufgeregtheit und Ruhe an, als wolle sie sich als Exegetin eigentlich unsichtbar machen. Dass Huangs Spiel flüssig, unsentimental und von großer Klarheit ist, zeigte sich auch bei Ligetis „Etude Nr. 4 Fanfares“ und Chopins „Scherzo Nr. 3 cis-Moll op.39“, mit denen die Künstlerin den wunderbaren Steinway-Flügel an diesem eindrucksvollen Abend auf herrliche Weise zum Klingen brachte. „Inspirierend“ schwärmte Jana Fiebelkorn, Klavierschülerin der Dithmarscher Musikschule.

Nach der Pause loteten Barbara und Sebastian Bartmann dann zunächst die unterschiedlichen Klangwelten Johannes Brahms‘ aus. Mit einem diffizilen Anschlag, einer frappierenden Elastizität und Geschmeidigkeit des Spiels verstand es das Ehepaar die herben Kontraste zwischen sakraler Innigkeit („Elf Choralbearbeitungen op. posth. 122“) und weltlicher Verspieltheit („Ungarische Tänze“) seiner Kompositionen in einer eigenen Bearbeitung für Klavier zu vier Händen klingen zu lassen. Dass das Zusammenspiel hinter der Bühne genauso harmonisch funktioniert wie auf der Bühne, beweist der dreieinhalbmonatige Elias als musikalischer Nachwuchs.

Mit der Eigenkomposition „Liquid Moods“ von Sebastian Bartmann servierte das Duo zum Abschluss dieses Konzertblocks akustische Cocktails, die zu Erlebnisbildern inspirieren sollen. Vierhändig werden hier die New Yorker Großstadthektik, aber auch die Einsamkeit in der großen Stadt beschrieben, Trauertöne und Zeitebenen gemischt und mit südamerikanischen und Jazz-Rhythmen zur Beach-Party eingeladen. Keith Jarrett lässt grüßen. „Das hätte Brahms gefallen“ so das Urteil von Klassikfan Peter Gill.

Noch einen Schritt näher heran an die Kunst des intensiven Zuhörens führte abschließend Oliver Kern. Dank der Videoprojektionen auf zwei Leinwände konnte das Publikum nicht nur hören, sondern fasziniert auch dabei zuschauen, wie der 41jährige Solist mit sich und dem vielfältigen Klavierkosmos aus drei Jahrhunderten eine Welt offenbarte und doch mit sich allein war.

Zunächst spielte Oliver Kern die selten gespielte „Fantasie in H-Dur“ von Beethoven mit einer pianistischen Bravour sondergleichen. Bestechend die mitreißende Spontanität und Wucht seines Vortrages in den eruptiven Akkordfolgen und rasanten Läufen, aber auch die tiefe Beseeltheit in der Gestaltung der melodischen Sequenzen. In der nachfolgenden Interpretation von Brahms „Klavierstücken op. 118, 1-3“ setzen virtuose Akkord-Figurationen elegant-ironische Glanzpunkte. In vorwärtsdrängenden Linien und dahin fließender schwellender Sinnlichkeit, jedoch ganz ohne Schwülstigkeit, von vibrierenden Tremoli durchsetzt, kostete Kern die klangüppige „Fantasie h-Moll op. 28“ von Skrjabin aus, ein Wunderwerk an durchsichtiger Klangmalerei angesichts der komplexen Harmonik und dichten Textur. Nach dem zeitlosen Ohrwurm-Klassiker, Gershwins „Rhapsody in Blue“, hätte es kaum einer Zugabe bedurft. Doch Kern verwöhnte das begeisterte Publikum noch mit einer Schumann-Bearbeitung von Liszts „Widmung“.